Offener Brief der ALSO an die Geschäftsführerin des Jobcenters Oldenburg

Offener Brief der ALSO an die Geschäftsführerin des Jobcenters Oldenburg

Seit mittlerweile mehr als einem Jahr ist das Jobcenter Oldenburg mehr oder weniger geschlossen. Der direkte Kontakt der „Kunden*innen“ zu ihren Sachbearbeiter*innen und Arbeitsvermittler*innen ist – wenn überhaupt – nur nach vorheriger Absprache möglich.
Alle Angelegenheiten können nur noch telefonisch oder digital geregelt werden.Es gibt aber viele Menschen, die keinen digitalen Zugang haben, keinen Drucker um Unterlagen auszudrucken, kein Geld für Fotokopien, kein Guthaben für Anrufe, die Amtssprache „Deutsch“ nicht ausreichend sprechen können oder Panik vor dem Umgang mit der Behörde haben. Alles Gründe, die dazu führen, dass sie untergehen.
Vor Kurzem ging ein Fall durch die lokale Presse, in der einer jungen Familie die Obdachlosigkeit drohte – dies hätte mit direktem Kontakt zum Jobcenter sicherlich verhindert werden können. Das ist kein Einzelfall! Immer wieder hören wir, dass es zu unüberwindbaren Hürden für unsere Ratsuchenden kommt, wenn es darum geht, ihre dringenden Angelegenheiten mit dem Jobcenter zu klären. Wir haben Ihnen dazu auch mehrere konkrete Fälle aus unserem Beratungsalltag vorgetragen! Das Tragische daran ist, dass nur wenige dieser Fälle bekannt werden. Wo bleiben zur Zeit all die vielen Menschen, die vor dem Lockdown täglich beim Jobcenter Schlange standen?
Es kann nur als zynisch bezeichnet werden, wenn z. B. Museen wieder öffnen, die Behörde aber, die für die Grundsicherung bedürftiger Menschen zuständig ist, ihre Türen weitgehend verschließt! Dies ist der dritte Offene Brief, nach mehreren Telefonaten und Emails, den wir an Sie richten mit der Bitte, einen einfachen persönlichen Zugang zur Ihrer Behörde zu ermöglichen. Wo bleibt eine Öffnungsperspektive, um weitere Notlagen zu vermeiden? Bitte ersparen Sie uns und allen Betroffenen den Verweis, so entstandene Notlagen seien nur Einzelfälle!
● Im Jahr 2020 gab es in Oldenburg 61 Zwangsräumungen, eine Verdreifachung gegenüberdem Vorjahr!
● Eine einzige obdachlose Schwangere, die mehrere Wochen auf eine Mietzusage warten
muss, ist schon zu viel!
● Helfen Sie Ihren Mitarbeiter*innen, die sich oftmals engagiert um Hilfesuchende bemühen
wollen, aber an der vorgegebenen Situation nichts ändern können!
● Was in anderen Behörden möglich ist, was in Büros, Fabriken und Geschäften funktioniert,
das muss auch im Jobcenter möglich sein.
● Und hier geht es nicht um Konsumgüter oder Geschäftsvorgänge: Es geht um Menschen,
die Hilfe brauchen oder sich sogar in existenziellen Notlagen befinden!
● Wir brauchen zugewandte persönliche Ansprechpersonen und faire Kommunikationsstrukturen
mit ausreichenden Übersetzungsmöglichkeiten – und keinen uniformierten
Sicherheitsdienst, der Termine und Bescheide kontrolliert!
● Wir brauchen vielfache Unterstützung dabei, die Hürden z. B. bei der Antragstellung zu
überwinden – dazu gehört selbstverständlich auch die gesetzlich garantierte Möglichkeit,
Beistände zur Unterstützung mit ins Jobcenter zu nehmen.
Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht und öffnen Sie Ihre Behörde!

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